Klosternarr

Herkunft

Zu allen Zeiten gab es die Furcht vor Geistern – ob die von der guten oder schlechten Seite.

Die Gruftkirche im Neudinger Park

Ob es Geister gab oder gibt ist umstritten. Die Frage kann wohl nie gelöst werden. Im Mittelalter jedenfalls glaubte man fest an die unerlösten Seelen, welche sich zur mitternächtlichen Zeit unbeliebt bemerkbar machten. Große Gebäudekomplexe, wie Schlösser und Klöster, waren vor allem die ausgesuchten Tummelplätze von Geistern und Gespenstern, wobei nicht klar ist, wo der Unterschied eigentlich liegt, da oft mit beiden Worten das Gleiche gemeint ist. Um nun die Geister zu vertreiben oder auch zu besänftigen, wurden die Gestalten nachgeahmt um sie damit zu erschrecken, so daß sie vor diesen menschlich geschaffenen, furchterregenden Gestalten an andere Orte flohen.
Wenn auch Jahrhunderte später, haben zur Fastnacht 1975 die Neudinger diesen alten Brauch nachvollzogen und so den ehemaligen Klostergeist zu neuem Ansehen gebracht. Wenn auch nur in einer kurzen Notiz 1799 erwähnt (wurde nicht in die Chronik eingetragen), hat ein ehemaliger Roßknecht und Klosterpförtner von einem Geist im Nidinger Kloster berichtet. Ist der heutige Klostergeist auch nur eine neue „Fastnachtsgeburt“, so hat er doch historischen Hintergrund.

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der Klosternarr im kompletten Häs Handschepper und Geschell

Das Brustbild zeigt zwei beinahe körperlose Geistesgestalten mit Libellenköpfen. Flatternde Gewänder, miteinander verwoben, schweben schwerelos durch den Raum. Sie sollen die guten Geister des Tanzes und der unbeschwerten Freude symbolisieren, dargestellt von jungen Geistern der Klosterfrauen. Die Schwimmfüße zeigen an, daß die Geister nicht nur in der Luft, sondern auch im Wasser heimisch waren, was notwendig war, da das Nidinger Kloster ja am Wasser der Donau gestanden hat.
Wenn am Brustbild das Leichte, Beschwingte angezeigt ist, so ist im Rückenbild das Schwere, Vergrämte eingefangen. Die alte, rotgewandete Klosterfrau versucht mit hartem, unheimlichem Blick den Beobachter zum entsagungsreichen Leben zu zwingen, weg von der Freude zur Buße, zum Aschermittwoch. Der einen Frau im grünen Gewande und etwas im Hintergrund, ist die strenge Alte unheimlich und sie entflieht deswegen nach hinten, um der harten Zucht zu entkommen.

Als Hosenbilder sehen wir eine Katze und ein Fabeltier dargestellt. Die Katze stellt das Weiche und zugleich Harte, sowie das Undurchsichtige des Narren im Allgemeinen dar, der auch einmal seine Krallen zeigen kann, wenn er jemanden strählt. Das knöcherne Fabeltier mit dem Raubtiergebiß und den Drachenflügeln erinnert an die Vielfalt von Geistergestalten, die der Fantasie keine Grenzen setzen.
Auf die Ärmel sind zwei entgegengesetzt gestellte Spielfiguren aufgezeichnet. Sie könnten sowohl Narren oder Könige sein, aber auch als Kinderspielzeug gelten. Das besagt, daß das was die Nidinger Klostergeister an Fastnacht aufziehen, nur ein Spiel mit tiefem Sinne ist, gedacht für alle: Für Könige, Bürger und Kinder. Ein Spiel aber soll es sein für alle, welche das Häs des „Nidinger Klostergeistes“ tragen.

Die Maske oder Larve; ein furchterregendes Gesicht mit schwefelgelber Farbe hilft den Geistescharakter des Ganzen abzurunden. Die übernatürlich herausquellenden Augapfel, mit dem dunklen Loch in der Mitte übersteigern den dämonischen Eindruck noch. Gemildert und zum Teil menschlicher gemacht wird das Geisterhafte durch das kräftige, lebendige Rot der Lippen.
Die Schlange auf der Kappe soll alles Böse vertreiben. Sie soll auch andeuten, daß der Narr, der im Häs steckt, gleich der Schlange, über das ganze Jahr überall heimlich mithört, um an Fastnacht mit seinem Wissen, die kleinen geheimgehaltenen Sünden der Neudinger zu überraschen, wenn er strählt.
Der Rossknecht, welcher den Klostergeist sah, berichtet der Geist sei von Flammen umgeben gewesen, vor allem am Kopf. Diese Flammen werden symbolisiert durch den Flammen- oder Strahlenkranz um den Maskenkopf.

Die „Handschepper“ und das „Gschell“ die beiden Geräuschmacher, sollen alle bösen Geister erschrecken und die Wirkung der gesamten Fasnetgestalt steigern, zudem aber den Klostergeist beim „Strählen“ mit ihrer Geräuschkulisse unterstützen.

nach Martin Münzer